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Wenn man vor einem Bild steht, dann ergeben sich meist 2 Betrachtungsmöglichkeiten. Entweder man kann das Bild erkennen und es entschlüsseln oder man ist irritiert und weiß nichts damit anzufangen. Dazwischen gibt es noch eine Grauzone, welche für den Künstler einen großen Spielraum freilässt. In diesem Spielraum bewege ich mich momentan. Meine Bildanlage ist vorerst abstrakt. Gleichsam der informellen Malerei lasse ich mich leiten vom Arbeitsprozess ohne ein bestimmtes Ziel erreichen zu wollen. Dann aber probiere und suche ich solange am begonnenen Bild, bis ich einen Bezug zu etwas Konkretem finde. Diesen Gedanken führe ich dann zu Ende. So entstehen sogenannte organische Bilder. Bilder mit Kanten und Krümmungen, Tiefen und Höhen, welche für den Betrachter Raum für die eigene Fantasie schaffen. Der Titel eines Bildes kann dabei helfen, muss aber nicht verbindlich sein. Die Verwendung der Farbe zueinander ist auch ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Durch das Einsetzen gewisser Farbtöne zueinander erreiche ich eine Aufwertung der gewollten Farbe. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Darstellung des menschlichen Körpers. Ich beschäftige mich sein Jahren intensiv mit der dreidimensionalen Umsetzung eines Körpers auf das Papier oder die Leinwand – sei es nun der Akt oder Bewegungsstudien. Und immer wieder muss man feststellen, dass der menschliche Körper am schwierigsten darzustellen ist. Waren es anfangs die Schwierigkeiten der Proportionen und der Spannungsverhältnisse am Körper, so arbeite ich jetzt intensiv an der Umsetzung des Körpers zum Abstrakten hin.

TEXTE

Die aus der Eigenart der Kunst resultierende Schwierigkeit, den Gehalt eines Kunstwerkes zu erkennen und dieses zu verstehen, verlangt vom Betrachter das Bemühen, ein Kunstwerk künstlerisch zu erobern. Allzu leicht steht man kopfschüttelnd vor einem Bild unserer Zeit, ohne zu hinterfragen, wie es zur Entwicklung dieser Ausdrucksform gekommen ist. ​ Bereits im Impressionismus Anfang des 20 Jahrhunderts finden sich Ansätze, wo die Farbe sich bereits zu verselbständigen sucht. Konkrete Malerei – die Linien, Farben, Formen treten an die Stelle eines figurativen Gegenstandes. Abstrakte Malerei – die Art der Darstellung, die jeden Bezug zur sichtbaren Wirklichkeit aufgibt. Es sind nun die Mittel Malerei, Farbe, Linie und Form und Komposition, welche ein abstrakten Bild entstehen lassen. Man könnte ein Bild der konkreten Malerei als eine Darstellung eines Zustandes schildern, hingegen ist ein abstraktes Bild die Empfindung eines Zustandes. So weiß ein jeder Mensch wie ein Baum aussieht,- wie er aber nicht aussieht, wie ich es als Maler empfinde, diesen Baum zu malen – das muss erst aus dem fertigen Bild erforscht werden. Die Erinnerung an Gegenständliches auszulöschen und dabei von neuen Standpunkten das Bild zu erfassen hat bis heute viele Arten der abstrakten Malerei hervorgebracht. Zweifellos war Wassily Kandinsky einer der Begründer dieser Kunstgattung. Mit seinem „ersten abstrakten Aquarell“ (1913) prägte er eine sich abzeichnende Entwicklung in der Malerei (abstrahere = lateinisch bedeutet: abziehen, entfernen) Farbe und Form existieren also nur mehr autonom, indem das Gegenständliche entfernt wurde. Diese Gegenständlichkeit würde nur die Wahrnehmung trüben. Warum aber diese ständige Entwicklung der Kunst. Es wäre doch so einfach, ein liebreizendes Bild zu machen, es für hübsch zu finden, an die Wand damit und jeder ist zufrieden. – Aber da gibt es diesen Kandinsky, Picasso, Klee, Rainer, Nitsch und wie sie alle heißen mögen mit ihren verdrehten, übermalten oder geschütteten Bildern. – Nun, gab es nicht auch einen Michelangelo, der anstößig war, einen Van Gogh der revolutionär war. Wir wären immer noch bei der Höhlenmalerei. Sprechen wir doch über die kulturelle Entwicklung der Menschheit: Was passiert in der Musik: Vom Röhrenknochen und von der Holztrommel bis zu Computerklänge – von König David zu Alfred Peschek. Was passiert im kulinarischen: Vom rohen Wild zum feinsten Menü – vom Wurm zum Ketchup. Was passiert in der Mode: Von Tierhäutern zu Modezaren - vom Fell zum Bikini. Was passiert im Sport: Vom Griechischen Sechskampf zu superolympischen Spielen – vom Speerwurf zum Heliskiing. Wir werden uns immer neuen Herausforderungen stellen müssen, das Wesen der Menschheit besteht nun einmal aus der Neugier und dem Drang, Neues zu entwickeln. Unsere so gewachsene Kultur, an der jeder der hier Anwesenden in irgendeiner Weise beteiligt ist und sich daran erfreut, konnte und kann also nur durch ständige Vordenker am Leben erhalten bleiben. ​ Auch wenn unser Verhältnis zur gegenwärtigen Kunst manchmal ambivalent erscheint, seien wir doch so ehrlich und gestehen dieser Ausdrucksform die Existenz zu. Sie wird uns schneller einholen als wir glauben möchten. Vor 40Jahren wären wir für verrückt erklärt worden, hätten wir behauptet, am Gummiseil 100m in die Tiefe zuspringen sei lustig. Daher wollen wir Kunstschaffende nicht für verrückt halten, welche sich nicht Gegenständlich ausdrücken, sondern die sinnliche Wahrnehmung für ihre Arbeit gebrauchen. Es täte uns allen des Öfteren gut, sich anstatt mit trendigen, zweifelhaften spirituellen Methoden zu befassen, sich einmal vor ein abstraktes Bild zu stellen. Hierzu ein kleiner Wegweiser, in ein neues Bild einzutauchen: Versuchen Sie alle Vorurteile wegzulassen. Suchen Sie einen Punkt der Sie als erster anspricht. Suchen Sie Teile im Bild, welche mit diesem Punkt kommunizieren. Wo im Bild ist das Hauptgeschehen? Wo ist der Ruhepol, das Gegenstück zum Hauptgeschehen? Schließlich fügen Sie das Bild als Ihre eigene Geschichte oder Komposition zusammen. Hat das Bild einen Titel, so wird es nun ein Leichtes sein, es zu erkennen. Gibt es keinen Titel, so liegt es an Ihnen, das Gesehene durch Ihre Emotion zu einer Aussage zu bringen. Wenn das nicht gelingen will, dann lassen Sie es doch ganz einfach auf sich wirken. – Man kann ja auch eine Blumenwiese bewundern, ohne auch nur eine einzige Blume namentlich zu kennen. Sie werden sehen, so ein Kunstwerk kann genauso spannend und interessant sein wie der Feldhase von Albrecht Dürer. Sie haben hier und heute genügend Möglichkeiten, das soeben Gehörte umzusetzen. Gehen Sie wirklich Vorurteilslos und sogar Vorstellungslos zum Bild und nehmen so das Gesehene auf.

ist vielfältig. So kann ein Bild neugierig machen, es kann anziehend wirken gleichwohl aber auch abstoßen. Gefühle werden geweckt – angenehme wie auch bedrohliche. Dies alles wird durch die Anlage einer Bildkomposition gelenkt: Mittels Form, Raumgestaltung, Bildanlage, Farbauftrag, Farbe und Farbsynthese.  Durch gezieltes Einsetzen der Farben zueinander wird diese Synthese, die Zusammenfassung zur Einheit, geschaffen. Der Bildbetrachter soll seine Eindrücke aufnehmen und versuchen, für sich etwas zu finden. Dabei muss es nicht zwingend etwas Konkretes sein. Das Bild wird für sich selbst sprechen.

Wenn man vor einem Bild steht, dann ergeben sich meist 2 Betrachtungsmöglichkeiten. Entweder man kann das Bild erkennen und es entschlüsseln oder man ist irritiert und weiß nichts damit anzufangen. Dazwischen gibt es noch eine Grauzone, welche für den Künstler einen großen Spielraum freilässt. In diesem Spielraum bewege ich mich momentan. Meine Bildanlage ist vorerst abstrakt. Gleichsam der informellen Malerei lasse ich mich leiten vom Arbeitsprozess ohne ein bestimmtes Ziel erreichen zu wollen. Dann aber probiere und suche ich solange am begonnenen Bild, bis ich einen Bezug zu etwas Konkretem finde. Diesen Gedanken führe ich dann zu Ende. So entstehen sogenannte organische Bilder. Bilder mit Kanten und Krümmungen, Tiefen und Höhen, welche für den Betrachter Raum für die eigene Fantasie schaffen. Der Titel eines Bildes kann dabei helfen, muss aber nicht verbindlich sein. Die Verwendung der Farbe zueinander ist auch ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Durch das Einsetzen gewisser Farbtöne zueinander erreiche ich eine Aufwertung der gewollten Farbe. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Darstellung des menschlichen Körpers. Ich beschäftige mich sein Jahren intensiv mit der dreidimensionalen Umsetzung eines Körpers auf das Papier oder die Leinwand – sei es nun der Akt oder Bewegungsstudien. Und immer wieder muss man feststellen, dass der menschliche Körper am schwierigsten darzustellen ist. Waren es anfangs die Schwierigkeiten der Proportionen und der Spannungsverhältnisse am Körper, so arbeite ich jetzt intensiv an der Umsetzung des Körpers zum Abstrakten hin.

Ausgehend vom Informell suche ich auf der Leinwand Verdichtungen zu erreichen. Ein ständiges hin und her gibt mir dann eventuell eine Bildvorstellung, ein Thema. Dieses Thema treibe ich dann vorwärts, um es wahrscheinlich wieder zu verlieren. Einige solcher Arbeitsgänge führen zu Schichten auf der Leinwand, welche das eigentliche, fertige Bild ausmachen. Dieses Ergebnis sieht dann sehr oft aus wie eine Landschaft, Gebäude, Naturstücke. Und doch finden verschiedene Betrachter verschiedene Motive auf ein- und demselben Bild.

Ist eine eigene Sprache. Gleichsam eine Geheimsprache. Nicht ausgerichtet auf verbale Verständigung, sondern Eingang suchend zum Menschen mit all seinen Gefühlen, Gedanken, Vorstellungen. Ein Bild vom „gebildeten“ Künstler, als polyfunktionales System geschaffen, hat verschiedene Aufgaben zu erfüllen: abbildende Funktion, gesellschaftlich-politische Funktion, religiöse Funktion, kommunikative Funktion u.a. Ein Bild vom „ungebildeten“ Künstler, und das ist ausnahmslos ein Kind, solange es noch seine eigene Fantasie besitzen darf, ist hundertprozentige Wahrheit. D. h. ein Kind malt und zeichnet was es empfindet und wie es das Gesehene oder das Ungesehene ausdrücken will und nicht muss. (Ein Kind drückt sich ja auch mit eigenen Worten aus und hält sich nicht an gesellschaftliche Normen). Daher wurde bei dieser Malaktion versucht, sowenig wie möglich die Fantasie des Kindes zu beeinflussen. Diejenigen jugendlichen Maler, welche schon zu den „gebildeten“ Künstlern gehören, setzten natürlich ihr erworbenes, von der Umwelt bereits geprägtes Gedankengut ein, um ansatzweise Polyfunktionalität bewusst oder unbewusst darzustellen. Unsere Künstler haben nämlich jede Diktion der heutigen Zeit hinter sich gelassen und wirklich ihren Gefühlen und momentanen Empfindungen freien Lauf gelassen. Somit geschah, wie auf der Einladung zu lesen ist - ein Hineintauchen in das Ich – das Sichtbarmachen der eigenen Gefühle. Es war bei der Arbeit mit den jungen Künstlern so faszinierend, als sie mir während des Arbeitens ihre momentanen Empfindungen schilderten, ihre spontanen Gefühle mir äußerten. Da wurden Landschaften, Fantasywesen, Tiere gemacht und diese auch gesehen. Und diese Überzeugung war so ehrlich und so kraftvoll. Das war also das Sichtbarmachen der eigenen Gefühle. Deshalb will ich Sie nochmals erinnern, glauben Sie nicht, dass ein konkretes Bild, also die Darstellung eines Zustandes einzige Gültigkeit hat. Die Empfindung eines Zustandes darzustellen ist genauso ehrlich und benötigt eine wesentlich tiefere Auseinandersetzung mit der künstlerischen Arbeit.

Ich freue mich, Sie heute Abend anlässlich der Vernissage des Künstlers Hannes Lumpelegger mit dem Titel „Körperlandschaft – Naturlandschaft“ hier in der Villa Sinnenreich begrüßen zu dürfen! Für die Einladung, die Ausstellung mit einer kurzen Einführung zu eröffnen, möchte ich mich ganz herzlich bei dir, Hannes, bedanken. Vor ein paar Jahren (2010) hatte ich bereits schon einmal das Vergnügen, eine Eröffnungsrede anlässlich einer Vernissage von Hannes Lumpelegger in Ottensheim zu halten. In dieser Ausstellung werden Aktmalereien und Landschaftsbilder präsentiert – was mich persönlich ganz besonders interessiert, sind die Gemälde, die sowohl Akt als auch Landschaft miteinander vereinen. Auf diese „Körperlandschaften“ werde ich später noch genauer eingehen. Zuerst aber zu ein paar biografische Eckdaten von Hannes Lumpelegger. Interessant ist Lumpeleggers Vielseitigkeit: neben der Malerei gilt seine Liebe auch der Musik. Seine akademische Ausbildung als Musiker ist auch in der Malerei spürbar: Denn auch hier werden Töne/ Klänge/ Klangfarben/ Kompositionen mit Pinsel und Spachtel auf die Leinwand komponiert. Hannes Lumpelegger wuchs in Neumarkt/M. auf und absolvierte 1982 die Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. Seither unterrichtet er an der Landesmusikschule Ottensheim in den Fächern Tuba, Blockflöte und `Klang und Farbe`. Nun zu seiner Ausbildung im Bereich der bildenden Kunst: Vorerst besuchte er zahlreiche Kurse und Sommerakademien bei namhaften Künstlerpersönlichkeiten. 1995 – 2000 war Lumpelegger dann a.o. Student bei Prof. Peter Kubovsky (Natur und Architektur), Prof. Eric van Ess (Akt und Stilleben) und Prof. Dietmar Brehm (Akt) an der Kunstuniversität Linz. Außerdem gilt er als Gründungsmitglied der Eferdinger `Kunstgruppe 2000` und ist Leiter von mehreren Kursen und Seminaren. Hannes Lumpelegger stellt zudem regelmäßig an unterschiedlichen Orten im Raum Oberösterreich aus. Beschäftigt man sich mit Lumpeleggers künstlerischem Oeuvre, stößt man auf ein sehr dominantes Thema, das den Künstler seit Jahren intensiv und unermüdlich beschäftigt: Der menschliche Körper in all seinen Facetten. Akte finden sich auch in der Ausstellung heute – und damit zurück zum Thema: Ich lade Sie ein, kurz mit mir über den Titel dieser Ausstellung zu reflektieren: Körperlandschaft – Naturlandschaft. Lässt sich der menschliche Körper als Landschaft auffassen? Wie fügt sich dieser in den landschaftlichen Kontext der Natur ein? Denkt man den menschlichen Körper in seiner unterschiedlichen Gestalt als Landschaft, ließe sich vermuten, dass sich bestimmte Spannungsfelder auftun: Der Mensch, der seit jeher die Natur zu beherrschen strebt und letztendlich doch von den Naturgewalten beherrscht wird. Dazu ein passendes Zitat von Charles Darwin: „Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.“ Somit auch nicht der Mensch, der gegen die Natur arbeitet. Betrachtet man die Gemälde von Hannes Lumpelegger, ergibt sich jedoch ein völlig anderes Bild von Körper und Landschaft. Die menschliche Gestalt ist hier in ihrer stark fragmentierten und abstrahierten Form als Landschaft aufzufassen. Oder anders formuliert: In den Gemälden besteht die Naturlandschaft aus schemenhaften, zum Teil nur vage erkennbaren menschlichen Akten. Körper und Landschaft sind eins und fügen sich zu harmonischen Kompositionen zusammen Bevor ich noch detaillierter auf Lumpeleggers Körperlandschaften eingehe, möchte ich Ihnen die kunsthistorische Bedeutung der Gattungen der Landschafts- und Aktmalerei näher bringen. Die Landschaftsmalerei blickt auf eine lange Geschichte zurück – frühe Beispiele finden sich in illusionistischen Fresken der griechischen und römischen Antike. In frühchristlicher Zeit sowie im Früh- und Hochmittelalter dominierten schematische und symbolische Darstellungen; eine bedeutende Wende ist mit dem Florentiner Maler Giotto di Bondone (1266-1337) zu verzeichnen, der perspektivische Versatzstücke und Überlegungen zur Komposition in seine Malerei integrierte. Mit der Einführung der Zentralperspektive in der italienischen Renaissance wurde die Landschaftsmalerei revolutioniert; fortan blieb sie eine der wichtigsten künstlerischen Gattungen. Im Barock herrschten heroische und idealisierte Landschaftsbilder vor, im 19. Jahrhundert ist dann mit der aufkommenden Freiluftmalerei der Schule von Barbizon und später den Impressionisten ein Paradigmenwechsel zu verzeichnen. Im 20. Jahrhundert ist das Landschaftsbild komplex und vielschichtig, denkt man an Expressionismus, Kubismus bis hin zur Abstraktion.Die künstlerische Darstellung des menschlichen Körpers ist wohl so alt wie die Menschheit selbst, denkt man an Höhlenmalereien oder an Venusstatuetten wie die berühmte „Venus von Willendorf“ (um 250.000 v. Chr., Jungpaläolithikum). In der griechischen Antike, im Hellenismus und später im Römischen Reich erfuhr die Aktdarstellung eine erste Blütezeit. Im Mittelalter entwickelte sich die theologische Vorstellung vom Konflikt zwischen menschlichem Geist und Körper, woraufhin „Fleisch“ als Wollust und daher Sünde verdammt wurde (vgl. Dst. Sündenfall, Jüngstes Gericht). Mit der italienischen Renaissance und der proklamierten Freiheit der Künste wurde das mittelalterliche Konzept in den Hintergrund gedrängt und der nackte menschliche Körper nahm einen fixen Platz im Oeuvre der Künstler ein. Mit der katholischen Gegenreformation ab ca. 1540 setzte jedoch wieder eine neue Körperfeindlichkeit ein. So wurden in etwa Partien von Michelangelos „Jüngstem Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle auf päpstlichen Befehl übermalt (1559-65). Trotz sämtlichen Vorbehalten blieb der Akt stets ein bedeutendes Thema in der Kunst. Während der Barockzeit schuf Peter Paul Rubens erotisch-sinnliche Bildwelten und auch im Rokoko widmete man sich ausführlich der erotischen Kunst. Sogar im prüden Viktorianischen Zeitalter im 19. Jahrhundert entwickelte sich eine „lüsterne Salonerotik“, wo der nackte Körper unter dem Deckmantel der Allegorie, Mythologie oder Orientalismus seine Legitimation erfuhr. Im deutschen und im österreichischen Expressionismus sowie in der Neuen Sachlichkeit war das Erotische und Sexuelle ein gängiges Sujet. Auch in der zeitgenössischen Kunst bleibt die Bedeutung des menschlichen Körpers ungebrochen. Nun aber zurück in die Gegenwart und zu Hannes Lumpeleggers malerische Auffassung von Akt und Natur. Der Künstler begreift den nackten menschlichen Körper zugleich als Landschaft. Beiden gemein sind die Höhen, Tiefen, Wölbungen, Kanten und Furchen, sowie das Organische. Dabei bricht er radikal mit einem realistischen, naturalistischen Abbild – zugunsten einer harmonischen Auflösung und Aufsplitterung der körperlichen Formen und deren Einbettung in einen abstrahierten landschaftlichen Kontext. Die bemerkenswerte Verwendung der gesamten Farbpalette ist dabei ein wichtiger Bestandteil des malerischen Prozesses. Betrachtet man die Aktdarstellungen von der Nähe, ist der Grad der Abstraktion am intensivsten. Von einer gewissen Distanz aus, vermag man die kubischen und wie ins Bild gemeißelten menschlichen Formen und Rundungen zu einem Körper zusammenzufügen. Genau darin besteht die enorme künstlerische Herausforderung und Lumpeleggers große Leistung. Der Künstler selbst hat diesen Prozess sehr treffend formuliert: „Ich sehe meine Abstraktion nicht durch bloße Reduktion an sich, sondern verarbeite sie nach meiner eigenen Sichtweise. Also: Jedes Motiv, ob Mensch, Ding, Landschaft ist mir wert, meine eigene Darstellung daran auszuprobieren. Es als Bildkomposition anzulegen und dabei die konkrete Form verschwinden zu lassen. Übrig bleibt dabei nur mehr die “Seele” des ursprünglichen Motives.“ Die Seele des ursprünglichen Motivs ist dann der fragmentierte menschliche Körper: Dynamisch und zugleich harmonisch gliedert er sich in das ihn umgebende malerische Setting, den landschaftlichen Kontext. Körper als Landschaft, Körperlandschaft. Oder die Landschaft als Körper, Landschaftskörper? Beide Motive werden spielerisch zusammengefasst und somit verunklärt. Eben diese Verunklärung, das Nicht-Eindeutige kann als primäre Bildidee und künstlerische Leistung Lumpeleggers gedeutet werden. Und genau darin liegt der spezielle Reiz dieser Körperlandschaften. Schließen möchte ich mit einer Äußerung des großen französischen Landschaftsmalers Paul Cezanne (um 1900):“Die Natur ist immer dieselbe, aber von ihrer sichtbaren Erscheinung bleibt nichts bestehen. Unsere Kunst muss ihr das Erhabene der Dauer geben, mit den Elementen und der Erscheinung all ihrer Veränderungen. Die Kunst muss ihr in unserer Vorstellung Ewigkeit verleihen. Was ist hinter der Natur? Nichts vielleicht. Vielleicht alles.” (um 1900) Hinter der Natur oder in der Natur – so meine abschließenden Gedanken zu Hannes Lumpeleggers Ausstellung – bleibt viel zu entdecken, der Körper als Landschaft und die Landschaft als Körper. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, und wünsche Ihnen allen nun viel Vergnügen beim Betrachten der Bilder!

Ich freue mich, euch heute Abend anlässlich der Vernissage mit dem Titel „Körperlandschaften“ hier in der Ordination begrüßen zu dürfen! Besonders herzlich möchte ich den heute anwesenden Künstler, Hannes Lumpelegger, willkommen heißen! Mittlerweile handelt es sich um die 3. alljährliche Ausstellung in diesen Räumlichkeiten und heuer ist sie einem ganz besonderen Thema gewidmet:  Der Aktmalerei – und im spezifischen den „Körperlandschaften“, ein Sammelbegriff für einen Themenschwerpunkt im Schaffen von Hannes Lumpelegger. Vorerst möchte ich ein paar biografische Eckdaten des Malers anführen. Interessant ist vor allem seine Vielseitigkeit: Neben der Malerei gilt seine Liebe auch der Musik. Seine akademische Ausbildung als Musiker ist auch in der Malerei spürbar: Denn auch hier werden Töne/ Klänge/ Klangfarben/ Kompositionen mit Pinsel und Spachtel auf die Leinwand komponiert. Hannes Lumpelegger wuchs in Neumarkt/M. auf und absolvierte 1982 die Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. Seither unterrichtet er an der Landesmusikschule Ottensheim in den Fächern Tuba, Blockflöte und `Klang und Farbe`.Nun zu seiner Ausbildung im Bereich der bildenden Kunst: Vorerst besuchte er zahlreiche Kurse und Sommerakademien bei namhaften Künstlerpersönlichkeiten. 1995 – 2000 war Lumpelegger dann a.o. Student bei Prof. Peter Kubovsky (Natur und Architektur), Prof. Eric van Ess (Akt und Stilleben) und Prof. Dietmar Brehm (Akt) an der Kunstuniversität Linz. Außerdem gilt er als Gründungsmitglied der Eferdinger `Kunstgruppe 2000` und ist Leiter von mehreren Kursen und Seminaren. ​ Beschäftigt man sich mit Lumpeleggers künstlerischem Oeuvre, stößt man auf ein sehr dominantes Thema, das den Künstler seit Jahren intensiv und unermüdlich beschäftigt: Der menschliche Körper in all seinen Facetten. Bevor ich noch detaillierter auf Lumpeleggers Schaffen und einige repräsentative Bilder hier in der Ausstellung eingehe, möchte ich Ihnen die kunsthistorische Bedeutung des Aktes näher bringen und einen kurzen Überblick über die Bedeutung des Aktes in den verschiedenen historischen Epochen geben. Die künstlerische Darstellung des menschlichen Körpers ist wohl so alt wie die Menschheit selbst, denkt man an Höhlenmalereien oder an Venusstatuetten wie die berühmte „Venus von Willendorf“ (um 250.000 v. Chr., Jungpaläolithikum). In der griechischen Antike und Hellenismus erfuhr die Aktdarstellung eine erste Blütezeit, später dann auch im Römischen Reich. Im Mittelalter entwickelte sich die theologische Vorstellung vom Konflikt zwischen menschlichem Geist und Körper, woraufhin „Fleisch“ als Wollust und daher Sünde verdammt wurde (Vgl. Dst. Sündenfall, Jüngstes Gericht). Mit der italienischen Renaissance und der proklamierten Freiheit der Künste wurde das mittelalterliche Konzept in den Hintergrund gedrängt und der nackte menschliche Körper nahm einen fixen Platz im Oeuvre der Künstler ein. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden in der erotischen Malerei häufig voyeuristische Interessen männlicher Betrachter thematisiert. Mit der katholischen Gegenreformation ab ca. 1540 setzte jedoch wieder eine neue Körperfeindlichkeit ein. So wurden in etwa Partien von Michelangelos „Jüngstem Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle auf päpstlichen Befehl übermalt (1559-65).Trotz sämtlichen Vorbehalten blieb der Akt stets ein bedeutendes Thema in der Kunst. Während der Barockzeit schuf Peter Paul Rubens erotisch-sinnliche Bildwelten und auch im Rokoko widmete man sich ausführlich der erotischen Kunst. Sogar im prüden Viktorianischen Zeitalter im 19. Jahrhundert entwickelte sich eine „lüsterne Salonerotik“, wo der nackte Körper unter dem Deckmantel der Allegorie, Mythologie oder Orientalismus seine Legitimation erfuhr. Im deutschen Expressionismus, wie etwa bei Künstlern der Brücke sowie in der Neuen Sachlichkeit war das Erotische und Sexuelle ein gängiges Sujet. Auch in Österreich blickt der Akt auf eine äußerst brisante Geschichte zurück: Die Donaumetropole Wien um 1900 war kulturelles Bollwerk und Zentrum der erotischen Kunst. Urväter der österreichischen Moderne waren Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und Egon Schiele. Diese griffen im Widerstreit mit der Obrigkeit Tabu-Themen wie Schwangerschaft, Sexualität und Macht, Homoerotik, Geschlechterkampf und Adoleszenz auf. Auch in der zeitgenössischen Kunst bleibt die Bedeutung des menschlichen Körpers ungebrochen. Was bedeutet nun aber Aktmalerei für Hannes Lumpelegger? Der Künstler begreift den nackten menschlichen Körper zugleich als Landschaft. Beiden gemein sind die Höhen, Tiefen, Wölbungen, Kanten und Furchen, sowie das Organische. Dabei bricht er radikal mit einem realistischen, naturalistischen Abbild – zugunsten einer harmonischen Auflösung und Aufsplitterung der körperlichen Formen und deren Integration in einen ebenso abstrakt anmutenden, landschaftlichen Kontext. Die bemerkenswerte Verwendung der gesamten Farbpalette ist dabei integraler Bestandteil des malerischen Prozesses. Betrachtet man die Aktdarstellungen von der Nähe, ist der Grad der Abstraktion am intensivsten. Von einer gewissen Distanz aus, vermag man die kubischen und wie ins Bild gemeißelten menschlichen Formen und Rundungen zu einem Körper zusammenzufügen. Genau darin besteht die enorme künstlerische Herausforderung und Lumpeleggers große Leistung. Der Künstler selbst hat diesen Prozess sehr treffend formuliert: „Beim Betrachten dieser Akte darf man nicht krampfhaft nach dem Abbild suchen, sondern die Harmonie der Form, der Farben, der Flächen zueinander auf sich einwirken lassen. Meine Bilder sollen das einfache Anschauen aufreißen, den Standpunkt zu verändern, um so wieder eine neue Perspektive zu erhalten, wie Kunst zu machen und diese zu sehen ist.“ So muten diese Akte muten keineswegs aufdringlich oder plakativ an. Der menschliche Körper fungiert als Teil der Gesamtkomposition: Dynamisch und zugleich harmonisch gliedert er sich in das ihn umgebende malerische Setting, den landschaftlichen Kontext, ein. Körper als Landschaft, Körperlandschaft. Oder die Landschaft als Körper, Landschaftskörper? Beide Motive werden spielerisch zusammengefasst und somit verunklärt. Eben diese Verunklärung, das Nicht- Eindeutige kann als primäre Bildidee und strategische Intervention Lumpeleggers interpretiert werden. Und genau darin liegt der spezielle Reiz dieser Körperlandschaften.Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit,und wünsche Euch allen nun viel visuell-sinnliches Vergnügen beim Betrachten der Bilder!

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